Strategien im Umgang mit Personen mit Persönlichkeitsstörungen: Für Angehörige und Freunde

Persönlichkeitsstörungen sind komplexe psychische Erkrankungen, die das Denken, Fühlen und Handeln der Betroffenen tiefgreifend beeinflussen können. Diese Störungen sind nicht nur für die Betroffenen selbst herausfordernd, sondern auch für die Menschen in ihrem Umfeld. Oftmals finden sich Angehörige und Freunde in einem emotionalen Wechselbad wieder, geprägt von Unverständnis, Frustration, Sorge und der Sehnsucht, helfen zu wollen. Doch wie geht man mit jemandem um, der an einer Persönlichkeitsstörung leidet? Wie kann man Unterstützung bieten, ohne sich selbst dabei zu verlieren? Dieser Artikel bietet einen Leitfaden für alle, die einen geliebten Menschen mit einer Persönlichkeitsstörung in ihrem Leben haben und nach Wegen suchen, die Beziehung zu stärken, während sie gleichzeitig ihre eigenen Grenzen wahren.

Verstehen der Persönlichkeitsstörung

Der erste Schritt im Umgang mit einer Persönlichkeitsstörung besteht darin, sie wirklich zu verstehen. Diese Anerkennung ermöglicht es Angehörigen und Freunden, besser auf die Bedürfnisse des Betroffenen einzugehen und ihre eigenen Reaktionen und Gefühle zu managen.

  1. Erkennen und Akzeptieren der Krankheit: Persönlichkeitsstörungen sind ernsthafte und oft dauerhafte psychische Zustände. Sie sind nicht das Ergebnis einer „Schwäche“ oder einer bewussten Entscheidung. Die Akzeptanz dieser Tatsache kann helfen, Vorwürfe und Missverständnisse zu reduzieren.
  2. Unterschied zwischen der Störung und der Person: Es ist wichtig zu betonen, dass eine Person nicht ihre Störung ist. Während bestimmte Verhaltensweisen und Reaktionen durch die Störung beeinflusst werden, besitzt jeder Mensch eine eigene Persönlichkeit, Wünsche, Träume und Gefühle, die unabhängig von ihrer Diagnose existieren.
  3. Häufige Missverständnisse und Mythen aufklären: Viele Menschen haben falsche Vorstellungen oder Stereotypen über Persönlichkeitsstörungen, die oft aus Medien oder populärer Kultur stammen. Es ist entscheidend, diese Mythen zu erkennen und zu korrigieren, um eine fundierte Perspektive auf den Zustand zu gewinnen.

Herausfordernde Verhaltensweisen und Emotionen

Der Umgang mit einer Persönlichkeitsstörung kann oft mit unvorhersehbaren und herausfordernden Verhaltensweisen und Emotionen einhergehen. Diese können sowohl für den Betroffenen als auch für die Menschen in seinem Umfeld belastend sein. Ein tieferes Verständnis dieser Dynamiken kann dazu beitragen, Konflikte zu minimieren und das Wohlbefinden aller Beteiligten zu fördern.

  • Beispiele für typische Verhaltensmuster: Je nach Art der Persönlichkeitsstörung können bestimmte Verhaltensweisen häufiger auftreten, wie z.B. impulsives Handeln, Misstrauen oder übermäßige Abhängigkeit. Es ist hilfreich, diese Muster zu erkennen, um besser auf sie reagieren zu können.
  • Die emotionale Achterbahn: Menschen mit Persönlichkeitsstörungen können intensive emotionale Schwankungen erleben, die von tiefster Verzweiflung bis zu extremem Glück reichen. Dies kann für Außenstehende schwer nachvollziehbar sein. Es ist wichtig, diese Schwankungen nicht persönlich zu nehmen und Strategien zu entwickeln, um damit umzugehen.
  • Reaktionen und Emotionen von Angehörigen und Freunden: Neben den emotionalen Reaktionen des Betroffenen ist es ebenso wesentlich, die eigenen Gefühle zu reflektieren. Es ist natürlich, Gefühle von Ärger, Traurigkeit, Verwirrung oder sogar Schuld zu empfinden. Das Erkennen und Akzeptieren dieser Emotionen ist der Schlüssel zur eigenen emotionalen Gesundheit und zur Aufrechterhaltung einer unterstützenden Beziehung.

Kommunikation mit dem Betroffenen

Die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren, spielt eine entscheidende Rolle im Umgang mit Persönlichkeitsstörungen. Eine effektive Kommunikation kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden, Vertrauen aufzubauen und eine stabilere Beziehung zu fördern.

  • Aktives Zuhören und Empathie zeigen: Es ist wichtig, dem Betroffenen echtes Interesse und Verständnis entgegenzubringen. Aktives Zuhören bedeutet, wirklich präsent zu sein und die Perspektive des anderen zu verstehen, ohne voreilig zu urteilen oder Ratschläge zu erteilen, die nicht erbeten wurden.
  • Konstruktives Feedback geben: Manchmal ist es notwendig, dem Betroffenen Feedback zu seinem Verhalten zu geben. Dabei sollte man „Ich-Botschaften“ verwenden und sich auf spezifische Verhaltensweisen konzentrieren, statt allgemeine Etiketten oder Diagnosen zu verwenden. Zum Beispiel: „Ich fühle mich überwältigt, wenn du so laut sprichst“ anstatt „Du bist immer so aggressiv“.
  • Deeskalationstechniken bei Konflikten: Konflikte sind in jeder Beziehung unvermeidlich, können aber bei Menschen mit Persönlichkeitsstörungen intensiver sein. Lernen Sie Techniken, um das Gespräch zu beruhigen und zu verhindern, dass sich Situationen verschärfen, z.B. durch Atempausen, das Ändern des Gesprächsthemas oder das Vorschlagen einer kurzen Auszeit.

Grenzen setzen

In Beziehungen mit Personen, die an einer Persönlichkeitsstörung leiden, kann das Setzen und Einhalten von Grenzen eine entscheidende Rolle für das Wohlergehen aller Beteiligten spielen.

  • Die Bedeutung von Grenzen in Beziehungen: Grenzen definieren, was wir in Beziehungen als akzeptabel und nicht akzeptabel empfinden. Sie schützen unsere emotionalen und physischen Bedürfnisse und helfen, einen respektvollen Umgang miteinander zu gewährleisten.
  • Tipps zum Setzen und Durchsetzen von Grenzen: Beginnen Sie damit, Ihre eigenen Bedürfnisse und Werte zu klären. Kommunizieren Sie Ihre Grenzen klar und direkt. Seien Sie konsequent bei deren Einhaltung und bereit, Konsequenzen festzulegen, wenn diese Grenzen überschritten werden.
  • Umgang mit Schuldgefühlen und Manipulation: Es ist nicht ungewöhnlich, sich schuldig zu fühlen, wenn man Grenzen setzt, insbesondere wenn der Betroffene versucht, diese durch emotionale Manipulation zu umgehen. Auch Schuldgefühle nach Trennung von der betroffenen Person können intensiv und überwältigend sein.  Erkennen Sie solche Muster und suchen Sie Unterstützung, um standhaft zu bleiben.

Selbstfürsorge für Angehörige und Freunde

Die Unterstützung eines Menschen mit einer Persönlichkeitsstörung kann emotional belastend sein. Daher ist die Selbstfürsorge für diejenigen, die helfen wollen, von entscheidender Bedeutung.

  • Erkennen eigener Bedürfnisse und Grenzen: Es ist wichtig, regelmäßig innezuhalten und sich selbst zu fragen, wie es einem geht. Was brauchen Sie, um sich erfüllt und ausgeglichen zu fühlen?
  • Stressbewältigungsstrategien: Finden Sie Techniken, die Ihnen helfen, mit dem Stress und den Herausforderungen umzugehen, sei es Meditation, Sport, Tagebuchschreiben oder Kunst.
  • Suchen nach externer Unterstützung: Manchmal ist es notwendig, Hilfe von außen zu suchen. Das kann professionelle Therapie, Selbsthilfegruppen oder einfach das Gespräch mit einem vertrauten Freund sein. Sie sind nicht allein und es ist okay, um Hilfe zu bitten.

Schlusswort

Der Umgang mit Persönlichkeitsstörungen ist zweifellos eine komplexe Herausforderung, die sowohl Mitgefühl als auch Selbstbewusstsein erfordert. Während der Weg nicht immer einfach ist, bieten die oben genannten Strategien und Empfehlungen Möglichkeiten, um eine harmonischere Beziehung zu fördern und gleichzeitig die individuellen Bedürfnisse aller Beteiligten zu achten. Es ist wichtig zu betonen, dass jeder Mensch und jede Beziehung einzigartig ist; was in einer Situation funktioniert, passt vielleicht nicht in eine andere. Doch mit Geduld, Verständnis und der Bereitschaft, sich weiterzubilden und Unterstützung zu suchen, können sowohl die Betroffenen als auch ihre Angehörigen und Freunde gemeinsam wachsen und ein erfüllteres, gesünderes Leben führen.